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Herzlich willkommen auf meiner Seite "Socialblog"! 

Hier poste ich, was mir zum Thema "Soziales" so alles auf- und einfällt, natürlich speziell im Vogelsbergkreis. Hier lebe ich nämlich, seit ich aus dem Erwerbsleben ausgeschieden bin oder wurde, je nachdem, wie man's sehen will. Ich kam also als Greis in den Vogelsbergkreis – wie viele andere auch. Die Situation dieser Neubürger im Seniorenalter, die unter den Bedingungen einer dünn besiedelten und vom demografischen Wandel besonders stark betroffenen Region heute und in Zukunft vor großen Herausforderungen stehen, interessiert mich ganz besonders. Neulich fand ich einen Zeitungsartikel aus dem Jahr 2010 unter dem Titel „Armut auf dem Land“, der einen sehr plastischen Eindruck von den Verhältnissen im Vogelsbergkreis gibt. Einige Auszüge:

>> Auch auf dem Land hat Armut viele Gesichter. Welche das sind, zeigte das Alsfelder Dekanats-Frauenteam den zahlreichen Teilnehmern der Tagung „Armut auf dem Land – Wege aus der Isolation“ am Wochenende in Burg-Gemünden (Vogelsbergkreis) in einem Anspiel: Hier die allein erziehende und arbeitslose Mutter, dort die Landwirtswitwe, die von ihrer Rente nicht leben kann.
Solche und ähnliche Beispiele machten deutlich, was die vorangegangenen Impulsvorträge in Form von Fakten, wissenschaftlichen Erkenntnissen und politischen Forderungen angedeutet hatten. Armut auf dem Land ist meist versteckt, verschämt und isoliert.

 „Hessen ist ein stinkreiches Land“, stellte Prof. Huster zunächst fest, machte dann aber deutlich, wie groß das Gefälle zwischen dem reichen Hochtaunuskreis und den armen ländlichen Regionen in Hessen ist, deren Dörfer drohen „offene gerontologische Einrichtungen“ zu werden. Das heißt, es steht zu erwarten, dass in wenigen Jahrzehnten durch Wegzug der jüngeren Leistungsträger in den kleinen Ortschaften - wie im Vogelsberg zahlreich vorhanden - nur noch die ältere Generation übrig bleiben wird. Das Problem: Weder die Wissenschaft, noch die Politik hat sich in den letzten Jahren intensiv mit dieser Entwicklung beschäftigt.

Vielleicht liegt die Ursache für dieses Defizit in Oberhessen bei der „Nabelschau“, also der Beschäftigung mit der eigenen Bedeutsamkeit innerhalb des Regierungsbezirks Mittelhessen, den Regierungspräsident Dr. Lars Witteck, bei den drei Zentren in seinem Verwaltungsgebiet feststellt.

Bevor die Region die Herausforderungen durch die unausweichliche Schrumpfung annehmen könne, müssten sich die Entscheidungsträger und die Menschen „mental mit der Tatsache“ abfinden, stellte der Regierungspräsident fest.
Eine der Herausforderungen liegt für ihn auch in den hohen Schulden, die die Landkreise (zusammen etwa 1,3 Milliarden Euro) und Kommunen angehäuft hätten. „Neue Denkmäler aus Beton lösen nicht unser Problem“, warnte er. Vielmehr müssten die Menschen sich an den Gedanken gewöhnen, dass der Staat in Zukunft weniger leisten könne.

„Höchstens Zugezogene sind arm“ ist eine der Aussagen aus der 2010 ver-öffentlichten Studie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) über Armut auf dem Land, deren Ergebnisse Dr. Maren Heincke dem Publikum in Burg-Gemünden vorstellte. Die Dörfer würden, so die Agrarwissenschaftlerin, von ihren ärmeren Bewohnern als „Not- und Terrorgemeinschaft“ wahrgenommen. Hier erführen sie genauso Solidarität wie soziale Kontrolle: „Meine Nachbarn wissen sogar, wie meine Unterhosen aussehen“, hat es ein Studienteilnehmer formuliert. Heincke widersprach aufgrund der Studienergebnisse dem „Jeder kennt jeden“ auf dem Dorf: Wer heute in der Stadt nicht mehr mit seinem Geld auskommt, zieht häufig aufs Dorf, weil dort die Mieten geringer sind. Dadurch ergeben sich aber andere Probleme, die mit den Transportmöglichkeiten zusammenhängen. Da wird ein kaputtes Auto oder der lange Weg zur Ausbildungsstelle schnell zu einem existenzbedrohenden Problem. Hilfsangebote müssten die Betroffenen aber auf Augenhöhe erreichen, denn sie hätten Kompetenzen aufzuweisen, was die Organisation des eigenen Lebens in schwierigen Umständen betrifft. Die Kirche würde aber von vielen nicht als eine Adresse wahrgenommen, unter der sie diese Hilfe erhalten könnten.<<

Wie dem auch sei. Viele der Zugezogenen erleben den Vogelsberg auf jeden Fall nicht selten als verry strange. Aber ich will mich nicht beklagen. Ein wichtiges Argument für die Wahl meines Alterssitzes waren zum Beispiel die überaus dünne Besiedlung und eine gewisse Entschleunigung des Alltags. Im Alter wird man langsam und ruhebedürftig. Da hätte Rhein-Main für mich nicht gepasst. Vogelsberg dagegen ist ganz ok, jedenfalls in dieser Beziehung. Wir dappe dursch den Vogelsbersch... Ansonsten ist es hier wie überall. Nur manchmal noch schlimmer. Und vor dem hiesigen Tomatenanbau kann man nur warnen. Von wegen "Heimat. Zukunft. Vogelsberg" und "funktionierende Nachbarschaften". Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Schließlich gibt es einen "Sonnenblumen-Hochwachs-Wettbewerb" (und auch diverse andere "Ausscheidungen" - ja, so nennt man das - wie den berühmten "Slogan-Wettbewerb"). Dazu noch Persönlichkeitsaufbau für den Vogelsberger: Ich bin so wunderbar, ich bin einmalig..., einschließlich "Ich tanze meinen Namen"-Choreo: Wir sind Vogelsberg. Na, dann.

Solche und ähnliche Erfahrungen veranlassen mich, meine Gedanken ab und zu in Reime zu kleiden. So entsteht satirische Gebrauchslyrik im weitesten Sinne. Ich rechtfertige dies damit, dass ich ja immerhin dem Volke der Dichter und Denker entstamme, das nach meinen Informationen den Vogelsbergkreis nicht besiedelt hat. Ich denke, also bin ich. Und ich bin im Vogelsberg, also „dichte“ ich notgedrungen.
Über all den tiefen Gedanken, die das Volk der Dichter und Denker von je her bewegen und die sich im Vogelsberg leicht bis zu Melancholie steigern können, will ich nicht verbittern. Schließlich ist der Hohe Vogelsberg der älteste Naturpark Deutschlands (sagt man). "Naturpark Vulkanregion Vogelsberg", wie es mittlerweile heißt. Und zu einem Naturpark gehören natürlich Tiere. Auch Satire. Nachfolgend einige Kostproben:

Gesäßgeografie im Naturpark Vulkanregion Vogelsberg

"Fürs Ärschle" und "fürs Göschle"
so werden stets geschickt –
dass man sie nicht verwechsle –
die Waschlappen bestickt.

Ich halte nicht das Göschle,
denn Shit bleibt nun mal Shit.
Da kriegt auch manches Ärschle
den wohl verdienten Tritt.

Mein Mundwerk ist halt lose
und es drängt mich zur Tat.
Doch hier herrscht „tote Hose“,
die sich gewaschen hat.


Oder hier mal was Lustiges über den Versuch des Landrats Görig, dem Vogelsberg durch einen Slogan-Wettbewerb ein neues, trendiges und megahippes Image zu verpassen:


Parturient montes…
[deutsch: Als der Vogelsberg kreißte…]

Es kreißt der Berg mit viel Geschrei,
doch raus kommt nur 'ne Maus dabei.
„Nascetur ridiculus mus“,
heißt’s bei Horaz (Mit schönem Gruß!).

Ein neuer Slogan sollte her.
Der alte, noch vom Vorgänger
des aktuellen Landrats Görig,
langweilte offenbar gehörig.

„Vulkan Vogelsberg – Hessens Mitte“
entsprach noch alter Väter Sitte.
Doch wie in Baden-Württemberg
so sollt‘ das neu geschaff’ne Werk

[„So etwas muss uns auch gelingen!“]
innovativ und trendig klingen.
Genau wie „Wir könn‘n alles au-
ßer Hochdeutsch!“, dachte Görig schlau.

Er ordnete, gesagt – getan,
‘nen Wettbewerb umgehend an.
So wurden des Vulkanes Kinder
Vogelsbergslogan-Neuerfinder.

Einhundertsechzig Kreative
versandten Emails oder Briefe
mit allen Sprüchen und Parolen,
die aus dem Thema 'rauszuholen.

Doch wie bereits Horaz tat witzeln
war wohl nicht viel heraus zu kitzeln
aus 
Vogelsberger Land und Leuten.
Das hatt' nichts Gutes zu bedeuten.

Fünf „frische, kraftvolle Aspekte“,
die man gleichwohl doch noch entdeckte
und an die große Glocke hing
von wegen Standortmarketing,

soll’n nun die Botschaft der Region
symbolisieren und zum Lohn
die Vogelsberg-Kampagne krönen,
um dessen Image zu verschönen.

„Der Vulkan schläft. Wir nicht.“ Nicht schlecht,
doch gibt dies nicht grad denen recht,
die sagen, dass man nur wach bleibt,
weil's Rotlicht nachts den Schlaf vertreibt?

Mit „Rein“ und „Raus“ bis alles wund
stoppt niemand den Bevölkerungsschwund.
"In die Natur" und "aus der Stadt"
war schon vor vierzig Jahren fad.

„Vogelsberg mitten in Euro-
pa“ – das klingt grade so
als trüge seine Nase nicht
ein jeder mitten im Gesicht.

Ein Narr, wer sich deswegen hält
schon für den Mittelpunkt der Welt.
„Mehr Platz“ ist auch kein großes Plus
wenn man zur Arbeit pendeln muss.

Und seien wir doch ehrlich, wie-
viel Platz braucht heute noch IT?
Mit „Platz zum Leben“ lässt sich werben.
Doch wer hier wohnt, braucht Platz zum Sterben.



Zuletzt: „Wo Kinder draußen spielen“…
Mein Gott, das wird ja wohl in vielen
Regionen, die wär'n auszuwählen
als Wohnort, zu den Fakten zählen!

Selbst in der Bronx vergnügen sich
die Kiddies auf dem Straßenstrich.

Dass Streetgangs outdoor unterwegs,
bedarf nicht wirklich des Belegs.

Kurzum: Dem Werbemateriale
fehl'n die Alleinstellungsmerkmale.
Denn was an dem Vulkane schön,
das gibt’s auch anderswo zu seh‘n.

Drum bin ich sicher, dies Verfahren
konnte der Landrat sich ersparen.
Der Aufwand war zwar recht gigantisch,
doch gut gemeint bleibt dilettantisch.


Joa, wie haet man's denn besser mache keanne? 

Hier meine Top 10
für den großen mega-kreativen Sloganwettbewerb. Warum die wohl keinen "Preis" gewonnen haben? Mmh...

(1) Wir schießen den Vogel ab - Windkraftregion Vogelsberg!


(3) Der Vulkan schläft
a)  - Und ich bin auch schon ganz müde.
b)  - Sei doch froh! Denn was wär die Alternative?
c)  - Nur du nicht. Rotlichtbezirk Vogelsberg.

(4) Wo heißen alle Adler Horst?
     Im Vogelsberg, dem Ruhe-Forst!

(5) Vogelsberg -
a) Zukonft hengeschtevennescht.
b) Wo dea Zukonft ewermoie kimmt!
c) Hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen.

(6) 15 Mio Jahre Kreisverkehr - Letzte Ausfahrt Vogelsberg!

(7) Hier lassen selbst die Mäuse Federn,

      drum lass uns Fledermäuse fledern!

(8) Gibt es was Schlimmeres als Provinz?
      Ja, gibt es: VB Doppelgrins!

(9) Vogelsberg. Den trink ich mir schön!


(10) Vogelsberg - Beulchesland am Lauterstrand.

       (Wenn ihr zu viele Beulches fresst,
         ereilt euch bald die Beulchespest.
         Und könnt ihr Beulches nicht mehr sehn,
         tragt sie wie Eulches nach Athen)


Außer Konkurrenz:

Es liebt der Zwerg den Vogelsberg
aufgrund der grünen Wiesen.
Im Gegensatz zum Riesen.
Der hasst diese wie diesen.

Vogelsberg - Do dreaht sich doch dei Kouh herimm unn tritt dea volle Eamer imm!

Bei Rotlicht macht der Rotmilan
im Vogelsberg den Schwarzstorch an!
Als letzte macht die Fledermaus
dann die Straßenbeleuchtung aus.

Hast du Beulches auf dem Teller,
gehst du zum Lachen in den Keller.

Der Vogelsberg rotiert. Kall, mei Drobbe!

Auf jedem echten Schildvulkan
da siedeln sich Schildbürger an.
Man sieht die putzigen Gesellen
nur, wenn sie grad ein Schild aufstellen.

Oh du mein Vogelsberg. Du mich auch.

Vogelsberg nimmermehr
geb‘ ich für Geld dich her.
Häuser ob klein ob groß
wird man eh nimmer los.


U. Lange 

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